Am Ende war vor allem Yvonne Kurtycz anzusehen, welche Steine da von Herzen fielen. Die Co-Trainerin, deren Stimme zwischenzeitlich an der Belastungsgrenze war, vertrat den fehlenden Görls-Cheftrainer Dirk Puschmann und konnte ihm einen schwer erkämpften 36:32-Sieg über den HC Leipzig II mitteilen, bei dem die Entscheidung erst in den letzten zehn Minuten fiel.
In den ersten 20 Minuten hatten die Görls Riesenprobleme vor allem in der Abwehr. Sie fanden kein Mittel gegen die schnelle Spielweise der Gäste. Torfrau Marie-Luisa Ressel musste gefühlt jeden Wurf passieren lassen, oft auch von den Außenpositionen. Und eigene technische Fehler bestraften die Gäste sofort.
Auffällig: Das Rückzugsverhalten der Görlitzerinnen reichte nicht aus, besonders auf der linken Görlitzer Abwehrseite konnte eine Leipzigerin immer wieder entwischen und die einfachen Tore erzielen. Den 5:8-Rückstand konnten die Görls immerhin schnell ausgleichen, retteten sich im Positionsangriff zu dieser Zeit immer wieder mit Einzelleistungen der als Rechtsaußen beginnenden Anne Neumann und von Spielmacherin Marzena Hochmann. Nach 22 Minuten stand es 12:14, und es war klar, dass ohne eine Steigerung in der Abwehr nichts zu holen sein wird. Die gelang dann aber: In den verbleibenden acht Minuten bis zur Pause schafften die Gäste nur noch zwei Treffer – einerseits, weil sie zu hektisch agierend schnelle Ballverluste produzierten, andererseits, weil die Görls-Abwehr jetzt besser funktionierte und sich Marie-Luisa Ressel im Tor steigerte. Die Görls drehten so das Spiel bis zur Pause und gingen mit 20:16 in Führung.
Der Vorsprung aber war kurz nach dem Seitenwechsel schnell wieder dahin, obwohl die Görls mit 90 Sekunden Überzahl in den zweiten Abschnitt starteten. Fehlwürfe und technische Ballverluste wechselten sich jetzt zu häufig ab. Beim 22:22 (39.) hatten die Gäste den Ausgleich geschafft, das Spiel war weitere zehn Minuten auf Messers Schneide. Deutlich sichtbare Stärke der Görlitzerinnen, die mit nur acht Feldspielerinnen auskamen (Charlotte Töpert und Dagmara Zychniewicz blieben ohne Einsatzzeit): Die individuellen Fähigkeiten der Rückraumspielerinnen, die allesamt in der Lage waren, eine Gegenspielerin auszuspielen oder gezielt zum Abschluss zu kommen.
Das „rettete“ so manchen Angriff, wenn in dieser Phase spielerisch nicht so viel zusammenlief. Nur wenig deutete zu diesem Zeitpunkt auf einen klaren Sieg der Görlitzerinnen hin. Aber plötzlich wuchs eine über sich hinaus, die bei einer Wechselmöglichkeit von der Trainerin sicher längst ausgewechselt gewesen wäre: Torfrau Marie-Luisa Ressel verbarrikadierte sprichwörtlich plötzlich ihr Tor, hielt fast jeden Ball, auch freie Würfe der Gäste, und gab so den Mitspielerinnen die Chance, Tor um Tor zu enteilen.
Angeführt von der an ihre körperlichen Grenzen gehenden Marzena Hochman zogen die Görls mit einem 5:0-Lauf vom 29:28 vorentscheidend davon. Überhaupt waren der Einsatzwille, die Fähigkeit, auch nach schmerzhaften Zweikämpfen immer weiterzumachen, wohl entscheidend für den Ausgang der Partie. Die jungen Leipzigerinnen auf der anderen Seite agierten in der spielentscheidenden Phase viel zu hektisch, schenkten auch immer wieder Bälle her.
Mit jetzt 3:1-Punkten aus den beiden ersten Spielen ist der Saisonsonstart durchaus geglückt, auch wenn einige Reserven im Spiel der Görls offensichtlich waren (Rückzugsverhalten, zweite Torhüterin). Das zu verbessern, wird in den kommenden Spielen Voraussetzung sein, um eine Chance auf Punkte zu haben.
Am kommenden Sonnabend kommt das Team aus Niederndodeleben nach Görlitz, das in den vergangenen Jahren immer zum Favoritenkreis zählte und seine beiden ersten Spiele gewonnen hat. Danach geht es zur nächsten Favoriten-Mannschaft, HC Burgenland.
Görls: Ressel –, Rzeszotek (3), A. Neumann (6/3), Hochman (11), Pirog (4), Kutnik (6), Klegrova (1), Töpert, C. Neumann (2), Blaszczyk (1), Zychniewicz.