Görls-Rückraumspielerin Marzena Hochman hat sich am Kreis durchgesetzt und wirft eines ihrer acht Tore. Foto: H.-E. Friedrich
In ihrem letzten Heimspiel zeigen die Görls erst ihr ganzes Potenzial, um am Ende den Faden zu verlieren und noch einen Punkt zu verlieren.
Die Görlitzer Oberliga-Handballerinnen haben ihr letztes Heimspiel der Saison gegen den Dessau-Roßlauer HV vor einer stimmungsvollen Kulisse von rund 250 Zuschauern nicht gewinnen können und werden die Saison nach einer sehr starken ersten Saisonhälfte am Ende wohl auf dem medaillenlosen vierten Platz beenden. Der Treffer zum 32:32 für die Gäste fiel dabei in allerletzter Sekunde, oder vielleicht auch danach.
Es gab bei laufender Uhr noch einen letzten Freiwurf, den die Gäste schnell ausführten. Der Ball wurde noch abgefälscht und damit verzögert, bevor er den Weg ins Tor fand, ob noch rechtzeitig vor Ertönen der Schlusssirene oder erst danach, war nicht klar. Die Schiedsrichter gaben letztlich den Treffer, obwohl man auch darüber streiten konnte, ob der Freiwurf korrekt ausgeführt war. „Letztlich ist das egal, wir mussten das Spiel zu diesem Zeitpunkt längst für uns entschieden haben“, sagte Görls-Trainer Dirk Puschmann nach dem Spiel. Tatsächlich hatten die Görlitzerinnen die Zuschauer mit einer tollen ersten Halbzeit begeistert, mit Tempohandball, gelungenen Abschlüssen und einer starken Abwehr. Beim 19:10 war der Vorsprung am größten, beim 20:12 wurden die Seiten gewechselt.
Acht Tore Vorsprung, dazu eine dünn besetzte Bank bei den Gästen (nur drei Wechselspielerinnen) – was sollte da noch schiefgehen, zumal fünf Minuten nach dem Seitenwechsel eine Gästespielerin plötzlich mit einer Roten Karte vom Feld musste. Die Schiedsrichter hatten ein Vogelzeigen wahrgenommen, die Spielerin beteuerte, sich nur an den Kopf gegriffen zu haben, weil sie sich über sich selbst geärgert hatte. Trotzdem ließen die Görlitzerinnen die Gäste wieder ins Spiel kommen: „Wir haben unsere Linie verlassen, viel zu oft versucht, die Angriffe mit einer besonders tollen Einzelaktion abzuschließen“, kritisierte Puschmann. Die Gäste, die auch schon in Spielen zuvor Comeback-Qualitäten bewiesen hatten, witterten eine Chance und kamen auf drei Tore heran (50.). Als die Görls aber bis zur 54. Minute auf 31:26 davonzogen, schienen alle Zweifel geklärt.
Dem war aber nicht so: „Wir haben dann einfach nicht clever weiter- und unsere Angriffe ausgespielt, so jedes Mal 40 bis 50 Sekunden von der Uhr genommen. Stattdessen haben wir uns von der aufkommenden Hektik anstecken lassen und viel zu schnell abgeschlossen. Wenn da zwei, drei Dinger reingehen, redet da niemand drüber, aber sie gingen nicht rein“, beschreibt Puschmann seinen Ärger. Die Gäste glichen mit fünf Toren in Folge aus, Johanna Girbig sorgte mit ihrem Treffer in der Schlussminute noch einmal für eine Görls-Führung, bis es zu jener umstrittenen letzten Szene kam. Und so endete das letzte Heimspiel mit Fans in Feierlaune bitter. Am kommenden Wochenende fahren die Görls jetzt zum Spitzenreiter nach Chemnitz, der mit einem Sieg den Meistertitel und Wiederaufstieg in die 3. Liga klarmachen könnte.
Es wird das letzte Görls-Spiel für einige Spielerinnen sein. Am Sonntag wurden die großartige Torhüterin Natallia Tsvirko und die beiden Dresdner Feldspielerinnen Jenny Lindner und Clara Pechnig verabschiedet. Alle gehen, weil sie ihre Arbeit mit der hohen Belastung des Oberliga-Handballs nicht mehr unter einen Hut bekommen. Lindner hat ihre Polizeiausbildung in Rothenburg beendet und eine Stelle in Dresden mit Schichtdienst bekommen. Pechnig hat ihr Studium beendet und beginnt eine Arbeit bei Bosch. Tsvirko ist in ihrem polnischen Verein beruflich noch mehr eingebunden. Außerdem wurden drei junge Spielerinnen des Juniorteams verabschiedet. Anna-Maria Glatz studiert in Chemnitz, Felicitas Puschmann und Leonie Dahm in Berlin. All die Lücken zu schließen wird sicher nicht einfach.
Görls: Tsvirko, Ressel – Glatz, A. Neumann (7/2), Hochman (8), Pirog (1), Puschmann, Lindner, Klegrova (5), Pechnig (3), C. Neumann (2), Blasczcyk (5), Vyshnevska, Girbig (1)
Quelle: Sächsische Zeitung, Lokalausgabe Görlitz & Umland | Erscheinungsdatum: 09.05.2023 | Frank Thümmler